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Psychotherapie


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Vergangene Projekte in der Forschungsambulanz

Personenwahrnehmung (Prof. Dr. Henning Schöttke, Dr. Julia Lange, Dr. Claire-Marie Giabbiconi)

Ein Forschungsschwerpunkt unserer Abteilung ist die Personenwahrnehmung als Grundlage interpersonellen Verhaltens im Rahmen der Untersuchung von psychischen Störungen. Im Alltag sind wir in der Lage, spontan und sehr schnell eine Meinung über unser Gegenüber zu bilden. Dieser Eindruck ist zum Teil durch unsere subjektive Einschätzung der vorhandenen Informationen über diese 'Zielperson' determiniert. Interessanterweise können untrainierte Beurteiler relativ zuverlässig Persönlichkeitseigenschaften, Persönlichkeitsauffälligkeiten und Persönlichkeitsstörungen völlig fremder Zielpersonen anhand minimaler Informationen einschätzen. Einige psychische Störungen sind durch Beeinträchtigungen im interpersonellen Kontakt gekennzeichnet. Hauptziel unserer Forschungsgruppe war die Untersuchung der Prozesse, die bei psychischen Störungen im interpersonellen Kontakt zur Eindrucksbildung führen. Anhand welcher Kriterien werden gesunde vs. psychisch gestörte Personen als solche eingeordnet? Was unterscheidet gesunde vs. psychisch gestörte Beurteiler in ihrer Einschätzung? in weiteren geplanten Untersuchungen sollen die neuronalen Grundlagen der Personenwahrnehmung anhand der Elektroenzephalographie untersucht werden.

Muskulositätsstreben und Muskeldysmorphe Störung bei Männern (Dr. Manuel Waldorf, Prof. Dr. Silja Vocks, Dipl.-Psych. Martin Cordes)

Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper ist längst kein rein weibliches Phänomen mehr. Der Druck, einem bestimmten Körperideal zu entsprechen, hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Waren Anfang der 1970er Jahre weniger als 20 Prozent der Männer mit dem eigenen Körper unzufrieden, sind es heute ca. 50 Prozent. Körperunzufriedenheit bei Männern lässt sich dabei weniger mit dem eher für Frauen typischen Wunsch nach Schlankheit in Zusammenhang bringen als vielmehr mit Muskulositätsstreben (Drive for Muscularity). Exzessives Muskulositätsstreben von Männern kann ein Symptom einer Unterform der Körperdysmorphen Störung („Muskeldysmorphie“) sein und sagt behaviorale Risikofaktoren wie exzessives Training und den Missbrauch androgen-anaboler Steroide (AAS) vorher.

Im Rahmen einer von Dr. Manuel Waldorf und Prof. Dr. Silja Vocks geleiteten Studie sollten Aufmerksamkeitsmuster während der Verarbeitung körperbezogener Stimuli bei Männern mit ausgeprägtem Muskulositätsstreben nachgewiesen und erste Erkenntnisse über deren Rolle bei Entstehung und Aufrechterhaltung der Muskeldysmorphen Störung gewonnen werden. Langfristig können diese Befunde als Grundlage für die Entwicklung präventiver und therapeutischer Maßnahmen dienen, wie sie bereits für das Gebiet der Körperbildstörungen bei Frauen existieren. Bereits abgeschlossene Vorarbeiten betrafen die psychometrische Überprüfung und Validierung der deutschsprachigen Drive for Muscularity Scale (DMS) in Kooperation mit Dr. Don McCreary (Adj. Prof., Brock und York Universities, Kanada). Ein weiteres laufendes Projekt untersucht zudem die differentiellen kurzfristigen Effekte unterschiedlicher aerober und anaerober Belastungsformen auf das Befinden von Männern in Abhängigkeit vom Drive for Muscularity. Es wird erwartet, hierdurch Rückschlüsse auf die Verstärkerwirkung von Trainingsverhalten ziehen zu können.

Körperbildbetrachtung bei Jugendlichen mit Essstörungen und ihren Müttern (Anika Bauer)

Körperbildstörungen stellen einen zentralen Faktor bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und dem Rückfallgeschehen der Anorexia Nervosa und Bulimia Nervosa dar. Eine besondere Rolle scheinen hierbei dysfunktionale Informationsverarbeitungsprozesse bezüglich des eigenen Körpers zu spielen. Im Rahmen der Kooperationsstudie der Universität Osnabrück mit der Ruhr-Universität Bochum wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Silja Vocks untersucht, wie Jugendliche mit Essstörungen ihren eigenen sowie fremde Körper wahrnehmen und in wie weit Parallelen zwischen der visuellen Informationsverarbeitung der Betroffenen und der ihrer Mütter vorliegen. Als Referenzgruppen wurden auch Jugendliche mit depressiver Erkrankung sowie Jugendliche ohne psychische Erkrankung sowie deren Mütter in Bezug auf ihre Körperbildverarbeitung untersucht. Die Ergebnisse dieser Studie sind nicht nur für das Verständnis der aufrechterhaltenden Mechanismen von Essstörungen von klinischer Relevanz, sondern bilden auch die Grundlage für die gezielte Weiterentwicklung kognitiv-verhaltenstherapeutischer Interventionen wie beispielsweise der Körperkonfrontation.

ESS-KIMO (Prof. Dr. Silja Vocks)

Das Internetprogramm ESS-KIMO unter der Leitung von Prof. Dr. Silja Vocks wendet sich an Frauen mit Essstörungen und bietet Klärungshilfe auf anonyme Art an. ln Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum wurde ein für Patientinnen kostenloses Programm auf die Beine gestellt (Finanzierung durch die DFG). Es wendet sich an Frauen mit Essstörungen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren. Teilnehmen können Frauen, die an Magersucht (Anorexia nervosa) oder Ess-Brechsucht (BuUmia nervosa) leiden. Außerdem wendet es sich an weibliche Personengruppen, die den Eindruck haben, dass Schlanksein und Essen eine zu große Rolle in ihrem Leben spielen. Bei dem Projekt ging es um die Überprüfung der Wirksamkeit eines Internetprogramms zur Klärung der Veränderungsmotivation bei Essstörungen. ESS-KIMO soll Betroffenen helfen, sich klarer über die Folgen ihres Essverhaltens und der Einstellung zu ihrem Körper zu werden. Das Programm bietet Informationen und Übungen zu Problemen, die sich auf das Essverhalten beziehen. Zum Beispiel werden die positiven und negativen Seiten der Essstörung sowie die der möglichen Veränderung betrachtet, um diese abzuwägen. Das Programm ist keine Psychotherapie, kann aber vorher oder begleitend absolviert werden. Es besteht aus 6 Sitzungen mit Übungen. Vor und nach jeder Sitzung werden die Teilnehmerinnen gebeten, Fragebögen auszufüllen.

Feedback (Prof. Dr. Henning Schöttke)

Die Effektivität einer Behandlung ist in der Psychotherapie und somit auch in der Psychotherapieforschung von besonderer Bedeutung. Mit diesem Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Henning Schöttke sollte untersucht werden, ob die Implementierung eines Feedbacksystems einen positiven Einfluss auf die Effektivität einer Behandlung hat. Feedback in der Psychotherapie bedeutet die systematische Rückmeldung des Behandlungsverlaufs aus der Sicht der Patienten. Aufgrund dieser Rückmeldungen (Feedback) sollen sich Handlungs- und Entscheidungsregeln entwickeln, woraus sich positive Effekte für die Therapie ergeben (siehe auch lambert et al., 2001). Um Unterschiede empirisch zu verdeutlichen, erhielt eine Gruppe (die sog. Experimentalgruppe/ EG) in der Verlaufsmessung eine Rückmeldung, im Gegensatz zu zwei anderen Gruppen (sog. Kontrollgruppen/ KG). In einer der beiden Kontrollgruppen wurde darüber hinaus keine Verlaufsmessung durchgeführt. Alle Gruppen erhielten eine Prä- (Zeitpunkt: Beginn der Therapie) als auch einen Postmessung (T3) nach Beendigung der Therapie. Sofern sich durch das Projekt positive Befunde eingestellt haben, war es das Ziel, das Feedback systematisch in das Qualitätsmanagement der Poliklinik einzubauen.

Screening von Persönlichkeitsstörungen (Dr. Julia Lange, Prof. Dr. Henning Schöttke)

Persönlichkeitsstörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Die Patienten weisen vielfältige soziale Schwierigkeiten und funktionelle Beeinträchtigungen auf. Darüber hinaus kann sich das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung, bzw. Persönlichkeitsakzentuierung negativ auf den Therapieerfolg einer symptomatischen Störung auswirken. Es ist somit wichtig, eine vorhandene Persönlichkeitsakzentuierung, oder Persönlichkeitsstörung im Diagnostikprozess zu berücksichtigen. ln einem zweistufigen Diagnostikprozess wurde im ersten Schritt ein Screening-Verfahren angewendet, um potentiell persönlichkeitsgestörte Patienten herauszufiltern, bevor durch Nutzung einer standardisierten Anschlussdiagnostik die Diagnose spezifiziert oder falsifiziert wurde. Bestehende Screening-Verfahren erlauben allerdings nicht die Erkennung von Patienten, die eine stark ausgeprägte Persönlichkeitsakzentuierung aufweisen und hinsichtlich der Schwere ihrer Persönlichkeitsstörungssymptomatik zwischen einer "gesunden" und einer „erkrankten" Population zu lokalisieren sind. ln einem Forschungsprojekt war ein Screening-Fragebogen entwickelt worden, der anhand der latenten Klassenanalyse ausgewertet wurd, um potentiell vorhandene Risikogruppen zwischen gesunden und erkrankten Patienten zu identifizieren. Es konnten 4 Klassen extrahiert werden. Einerseits fanden sich die 2 bekannten Patientengruppen mit Personen, die keine Persönlichkeitsstörung aufweisen und Personen, die an einer Persönlichkeitsstörung erkrankt sind. Des Weiteren ließen sich 2 Risikogruppen identifizieren, die durch spezifische Persönlichkeitsakzentuierungen gekennzeichnet waren: Eine Risikogruppe mit histrionisch/dependenter Persönlichkeitsakzentuierung und eine Risikogruppe mit zwanghaft/selbstunsicherer Persönlichkeitsakzentuierung. Das neu entwickelte Screening-Verfahren ermöglicht somit die Identifikation von Patienten mit unterschiedlich stark ausgeprägter Persönlichkeitsstörungssymptomatik bereits im Screening-Prozess der Persönlichkeitsstörungsdiagnostik.

Krankheitseinsicht bei Schizophrenie (Dr. Linda Pruß, Prof. Dr. Karl H. Wiedl)

Ein Großteil der Patienten mit Schizophrenie-Diagnosen weist beeinträchtigte Krankheitseinsicht auf. Diese gilt als Schlüsselvariable für den Erkrankungs- und Behandlungsverlauf. Bisher sind die Prozesse, die die Einsichtdefizite bedingen, jedoch weitgehend unbekannt. Zwar kann von einem multifaktoriellen Bedingungsgefüge ausgegangen werden, in dem kognitive Defizite für einen Teil der eher uneinsichtigen Patienten eine bedeutende Rolle spielen, für einen anderen Teil der Patienten müssen aber andere Ursachen in Betracht gezogen werden. ln dem DFG-Projekt von Prof. Dr. Karl H. Wiedl wurde die Annahme eines auch motivational bedingten Einsichtsmangels empirisch geprüft. Die Bedeutung des Selbstwerts, des defensiven Antwortverhaltens und der Stigmatisierung der Patienten wurde erforscht. Für die Studie wurden 80 Patienten mit Schizophrenie-Diagnosen aus verschiedenen Einrichtungen mit kognitiven Tests, Interviews und Fragebögen untersucht. Das Ziel der Studie war ein verbessertes Verständnis der der Einsicht zu Grunde liegenden Prozesse zu erlangen und daher zu einer verbesserten Behandlungsplanung beitragen zu können.